In Tolmin lernten wir eine Gruppe von Kanadiern kennen. Während die einen den Weg in die Italienischen Dolomiten per Biwakflug aufnahmen, folgten wir anderen ihnen mit dem Auto. Dabei durften wir die besten Fluggebiete des italienischen Nordostens besser kennen lernen. Bevor irgend jemand aber die Dolomiten erreichte, waren einige Umwege angesagt.
Gleich an unserem ersten Tag im Camp Gabrje hatten wir uns mit unseren Zeltnachbarn Will, Marc und Mario – zwei Kanadier und ein ausgewanderter Deutscher – angefreundet. Sie waren auf Europareise und nahmen am Serial Cup teil. An den darauffolgenden Tagen lernten wir beim Landebier zwei weitere Kanadier – Jim und Thomas – kennen. Es schien uns, als habe sich die halbe kanadische Fliegergemeinde im Camp Lijak versammelt. Zu der Gruppe dazu gesellte sich auch Rhys, ein Brite der in Spanien lebt und den Sommer wie wir auf Paragliding Roadtrip verbrachte.
Biwakfliegen
Nach Ende des Serial Cups wollten zwei der Kanadier, Jim und Thomas, aufbrechen zu einem Biwakflug von Tolmin bis in die italienischen Dolomiten. Rhys und Marc liessen sich von der Idee mitreissen. Abends bei einem Bier sind solche Entscheidungen schnell getroffen. Beim Morgenessen sah man die fünf inmitten ihrer Ausrüstung sitzen und darob grübeln, was wo reinpasst in den Rucksack beim Wandern, oder ins Gurtzeug beim Fliegen. Doch die gute Vorbereitung lohnte sich. Später am Startplatz liess sich tatsächlich alles irgendwo verstauen. Jim flog seinen Artik von Niviuk allerdings 10 Kg über dem zugelassenen Höchstgewicht. Schon im Hausbart vor dem Startplatz zeigte er uns aber, dass er auch so locker jeden von uns auskurbeln kann. Als grosse Gruppe flogen wir los in Richtung Kobarid. Bei der Querung zum Stol wählten die Biwakflieger die bessere Linie als alle anderen und erreichten die Antennen des Stol ohne Probleme, während wir anderen kurz nach Kobarid am Boden standen. Wegen bedrohlichen Unwetterwolken landeten sie auf dem Stol und schlugen ihr Nachtlager auf.
Der nächste Tag brillierte erneut mit gutem gutem Flugwetter. Während wir unserem Ziel, von Tolmin nach Italien zu fliegen und wieder zurück, nachjagten und schon mal den Stol erreichten, konnten wir dank der Funkgeräte mitverfolgen wie die Biwakflieger vorankamen. Sie starteten am Stol und konnten alle bis auf einen nach Italien fliegen, wo sie kurz vor Gemona hoch oben auf einem Berg landeten. Der eine Pechvogel war kurz nach dem Start ins Lee geflogen und musste in einem waldigen Tal auf einer kleinen Lichtung landen. Während die anderen in einer Berghütte von einem netten italienischen Paar zum Grillieren eingeladen wurden, musste er sich zu einer Strasse durchkämpfen, per Autostop nach Gemona kommen und die halbe Nacht einen Berg hoch wandern um die 30 Kilometer Luftlinie zu überbrücken, die die anderen fliegend in zwei Stunden bewältigt hatten.
Meduno
Währenddessen machten wir uns mit den verbliebenen Kanadiern Mario und Will auf den Weg nach Meduno. Dort genossen wir Soaring an der laminar angeströmten Kante und konnten in der eingelagerten Thermik richtig Höhe machen, so dass man das Meer in der Ferne glitzern sah. Dann war es auch möglich nach vorne in die Ebene zu fliegen und dort nach Aufwinden zu suchen. Einmal drehte ich zu spät um, konnte aber über dem Landeplatz eine Thermik finden, die mich wieder bis an dei Basis brachte. Das macht Spass!
Einige wenige Funksprüche der Biwakflieger liessen darauf schliessen, dass diese eine erste grosse Querung gut gemeistert hatten, dann aber mit der tiefen Basis im Gebirge kämpften. Dann hörten wir erst mal nichts mehr von ihnen. Die Wolken weiter in den Bergen, wo wir sie vermuteten, sahen jedenfalls dunkel aus.
Für Pinkelpausen bot sich der höchste Punkt des Hügels, 50 Meter über dem Startplatz an. Von dort konnte man sich leicht wieder in die Luft schwingen, ohne Angst abzusaufen. So konnten wir auch die letzten, schwachen Aufwinde geniessen, bevor wir hinter dem Startplatz zur Landung ansetzten. Die Stimmung beim Sonnenuntergang war grandios und nach dem Eindunkeln wurde die Aussicht dank den zahlreichen, hell erleuchteten Dörfern in der Ebende noch besser. Zusammen mit einigen anderen Piloten genossen wir die Aussicht bis spät in die Nacht, bevor wir uns auf dem Parkplatz gleich neben der Startrampe schlafen legten.
Am nächsten Morgen nach dem Fühstück ging es gleich weiter mit Fliegen. Die dunklen Wolken kamen aber immer tiefer und mit ihnen schlechtes Wetter. Nach längerer Konsultation der Wetterdaten, flüchteten wir an den einzigen Ort, der für die nächsten Tage fliegbares Wetter versprach.
Bassano
Bassano ist die Hochburg des Italienischen Fugsports. Oder sollte man sagen des Deutschen Flugsports? Die Park- und Campingplätze waren jedenfalls voll mit Deutschen und Schweizern. Da so viel Betrieb herrsch ist natürlich alles streng reglementiert. Man muss sich eine Flying Card kaufen und die Landegebühren bezahlen, sonst wird man von den Pqaragliding Bussen nicht mitgenommen. Für uns war das fast zu viel Troubel, aber zum Glück hatten wir zwei Autos und konnten so selbständig zum Startplatz kommen. Die vielen Thermikbojen in der Luft waren dann doch zu was zu gebrauchen. Wir sahen, dass es weiter unten nur harzig geht und fuhren gleich rauf zum höchsten Startplatz. Von dort wars dann nicht mehr weit bis an die Basis, es reichte aber trotzdem für nette Strecken. Auch Toplanden konnte man dort komfortabel.
Am nächsten Tag hörten wir endlich wieder von den Biwakfliegern. Sie waren auf dem Weg in die Dolomiten ins falsche Tal gequert und wurden durch das schlechte Wetter aufgeholt. So mussten sie nahe einem kleinen Dorf landen. Ohne Aussicht auf fliegbare Tage in den Tiefen der Alpen entschieden sie sich, mit dem Zug nach Bassano zu kommen und mit uns weiterzureisen.
Zurück nach Feltre
Die Wolken hingen immer noch tief über den Bergen, aber wir waren scharf drauf den Kanadiern unseren persönlichen Geheimtipp zu zeigen. Tatsächlich kamen wir in Feltre zum Fliegen, wenn auch nur lokal, da die Basis zu tief war für etwas anderes. Am Abend schlugen wir unser Lager erneut direkt am Startplatz auf und genossen einen Festschmaus.
Von da an trennten sich unsere Wege. Wir wollten langsam nach Deutschland reisen mit einem Stop in Österreich und die Kanadier hatten mit noch mehr kanadischen Piloten in den Dolomiten abgemacht.
Dolomiten trotz allem
Die Wettervorhersage für die nördlichen Alpen war schlecht für die nächsten Tage. Darum nahmen wir den langen Weg durch die Italienische Bergwelt. Plötzlich kam uns das Panorama bekannt vor. Wir waren unabsichtlich mitten in den Dolomiten gelandet. Dazu war es zwar bewölkt, aber man konnte am Col Rodella einige Gleitschirme in der Luft sehen. Wir hatten Zeit und waren da, also ab auf den Parkplatz der Seilbahn und unsere Ausrüstung bereit gemacht. Wir wollten grade loslaufen, als ein uns bekannter, grauer Kombi auf den Parkplatz fährt. Unsere Kanadier natürlich. Zusammen gings los auf die Gondel. Nach dem Start kämpften wir zuerst noch nach Höhe, aber nach 20 Minuten gings plötzlich überall nur noch rauf. Wir taten es allen anderen gleich und flogen raus ins Tal. Als wir zur Landung ansetzten begann es auch schon zu regnen. Als die nassen Ausrüstungen verstaut waren, genossen wir zusammen noch ein letztes Landebier und dann verabschiedeten wir uns erneut. Diesmal wahrscheinlich für etwas lägere Zeit.
Wir hatten eine tolle Zeit mit „unseren“ Kanadiern. Auch wenn wir gerne alleine reisen, hat das Fliegen in grösseren Gruppen seinen ganz eigenen Reiz, ganz abgesehen von den unzähligen lustigen Diskussionen beim Landebier.
Bist du lieber alleine, oder magst du Roadtrips in Gruppen besser. Schreib uns deine Meinung in den Kommentaren.
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